Dass der Krieg eine Folge der Tatsache ist, dass Israel (nicht erst) seit Juni 1967 palästinensisches Gebiet besetzt hält, kann man mit genug bösem Willen oder einem Übermaß an Dummheit und Gleichgültigkeit auch ignorieren.

Fakten: Die UN-Vollversammlung stimmte der Mitgliedschaft Israels am 11. Mai 1949 zu, formulierte aber Bedingungen. Danach wird Israel als Mitglied bei den Vereinten Nationen aufgenommen unter der Bedingung, dass Israel die Resolutionen 181 II und 194, den UN-Teilungsplan und das Recht auf Rückkehr der Palästinenser sowie deren Wiedergutmachung akzeptiert und umsetzt.

Die Resolution 242 vom 22. November 1967 stellt fest, dass die „Eroberung von Land durch Krieg unzulässig“ sei und sich die israelischen Truppen aus den besetzten Gebieten (1967) zurückziehen müsse. Dabei ging es um Ost-Jerusalem, das Westjordanland, den Gazastreifen und die syrischen Golanhöhen, die Israel im Sechs-Tage-Krieg (Juni 1967) besetzt hatte. Doch Israel hatte bereits damit begonnen, die besetzten Gebiete zu kolonisieren, insbesondere durch den illegalen Siedlungsbau. Israel verstieß damit gegen internationales Recht und die 4. Genfer Konvention.

Es muss daran erinnert werden, dass Israel offiziell eine Besatzungsmacht ist und seine Präsenz in den palästinensischen Gebieten gemäss der Resolution 242 (1967) des Uno-Sicherheitsrats illegal ist. Folglich ist der Widerstand gegen diese Besatzung legal. Die Resolution 45/130 (1990) der Generalversammlung gibt den Palästinensern das Recht auf Widerstand «mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, einschliesslich dem bewaffneten Kampf».

Seither hat Israel mehr als 200 Resolutionen allein des UN-Sicherheitsrates ignoriert.

Politik und Medien wollen auch jetzt nicht begreifen, dass es in Gaza ebenso wie in der Westbank um einen Befreiungskampf des ganzen palästinensischen Volkes gegen jahrzehntelange Unterdrückung, Enteignung, Gewalt und Entwürdigung geht. Wir dürfen nicht vergessen und verdrängen, dass die palästinensische Bevölkerung die furchtbare Gewalt, die jetzt so bild- und wortreich beklagt wird, in mehr als 75 Jahren in Überfällen und Massakern von Deir Jassin bis Masafer Jatta immer wieder und geradezu täglich erfahren hat. 

Dennoch ist das Entsetzen über die Auswirkungen der Attacke der Hamas auf israelische Siedlungen diesmal besonders hoch. „Die Leiderfahrung ist enorm, die Not gewaltig. Aber schnell schlug die Niedergeschlagenheit in wutentbrannte Aggression um. Angefeuert von den Medien, die politische Kommentare und Analysen lieferten, die letztlich primär auf Rache und brutale Vergeltung aus waren (und sind), obgleich sie sich als »Lösung« gaben: Die Hamas gehöre eliminiert, daher müsse Gaza in Schutt und Asche gelegt, »dem Erdboden gleich« gemacht werden.“ (zit. n.  Moshe Zuckermann)

Die unerbittliche israelische Bombardierung des Gazastreifens trifft eine Bevölkerung, die seit mehr als zwei Jahrzehnten systematisch an ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gehindert wird. Erst recht seit 2007, als Israel und teilweise auch Ägypten eine fast vollständige Blockade über die Enklave mit ihren heute 2,3 Millionen Einwohnern verhängten. Hoffnung auf Besserung gibt es nicht. Im ersten Quartal 2023 schrumpfte die Wirtschaftsleistung weiter. »Der Überraschungsangriff der Hamas in der vergangenen Woche kann nach Ansicht von Experten nicht von den mangelnden wirtschaftlichen Aussichten im Land getrennt werden«, schrieb das niederländische Financieele Dagblad (FD) am Freitag völlig richtig.

Aktuelle Politik

Die politischen Kräfte Israels, ob Regierung oder Opposition, behaupten, der sicher in seiner Weise zu verurteilende Angriff der Hamas sei »unprovoziert« erfolgt. Der globale Westen folgt ihnen darin bedingungs- und distanzlos. Die Realität sieht jedoch anders aus: Seit mindestens einem halben Jahr beschwören alle relevanten Kräfte in Israel die Aussicht auf einen »Mehrfrontenkrieg«, auf dessen gleichzeitige Führung sich das Land vorbereiten müsse. Gemeint sind, neben Gaza und der Westbank auch der Libanon, Syrien und schließlich auch der Iran. 

Die massiven Militärschläge auf den Gazastreifen und die vom israelischen Verteidigungsminister Gallant erklärte Blockade der Versorgung der im Gazastreifen lebenden Menschen mit Wasser, Lebensmitteln und Energie spricht dafür, dass die ethnische Säuberung eingeleitet worden ist. Sie wird vermutlich auch gelingen. Siehe dazu den Bericht der Berliner Zeitung: „Gallant sagte laut Bloomberg: „Ich habe einen Befehl gegeben – Gaza wird vollständig abgeriegelt. Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben. Wir kämpfen gegen Barbaren und reagieren entsprechend.“ Energieminister Israel Katz gab in einer Erklärung eine weitere Maßnahme bekannt: „Ich habe angeordnet, dass die Wasserversorgung von Israel nach Gaza sofort unterbrochen wird.“(Quelle: Albrecht Müller / Nachdenkseiten) Dazu ein Zitat: „Die Unterdrückung von Kritik an Israel, indem Kritik als Antisemitismus geächtet wird, führt erst dazu, dass die Politik Israels pauschal mit dem Judentum verknüpft wird. Insofern schüren wir den Antisemitismus nur, wenn wir die gerechtfertigte Kritik an Israels Politik unterbinden. Die falsch verstandene uneingeschränkte Solidarität der Deutschen gegenüber der israelischen Politik, führt zur Deckung von großem Unrecht gegenüber dem palästinensischen Volk, für das wir dadurch eine Mitverantwortung tragen.“ 

UN-Generalsekretär Guterres betonte in New York, die Angriffe der Hamas gegen Israel seien nicht in einem Vakuum passiert und das palästinensische Volk sei “56 Jahre lang einer erdrückenden Besatzung ausgesetzt gewesen”. Israel fordert daraufhin seinen Rücktritt.

Israelische Regierungen verachten die UNO traditionell und sehen sich an deren Resolutionen grundsätzlich nicht gebunden. Aber was ist jetzt zusätzlich passiert, das zur generellen Visaverweigerung für Abgesandte der Weltorganisation geführt hat? UN-Generalsekretär António Guterres entschuldigt und rechtfertigt angeblich den Terror. 

Selektive Beurteilung

Man ist hierzulande daran gewohnt, dass nicht nur die Herrschenden, sondern auch große Teile der »Öffentlichkeit« mit einer furchterregenden Selbstverständlichkeit von der »internationalen Gemeinschaft« sprechen, wenn sie in Wirklichkeit nur deren relativ kleinen »weißen« Sektor meinen, der jahrhundertelang andere Staaten und Völker in einem System von Angst und Schrecken gehalten hat

Zuletzt wurden am Freitag bei einem Drohnenangriff, den kaum jemand nicht mit Israel in Verbindung bringt, 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Feier in einer syrischen Militärakademie getötet. Man hat nichts von moralischer Empörung im weißen Westen gehört? Nein, es gab wirklich absolut keine. (Quelle: Junge Welt)

Terror – Ursache, Wirkung

“Die Angreifer kamen im Morgengrauen und besetzten schnell die Stadt. Die Männer wurden von den Frauen getrennt und erschossen. Einer der Angreifer öffnete die Tür eines der Häuser und fand dort einen alten Mann stehen. Er erschoss ihn. Es hat ihm Spaß gemacht, ihn zu erschießen”, sagte ein Augenzeuge des Angriffs später.

Bald war die Stadt leer – die gesamte Bevölkerung von 5.000 Menschen war entweder getötet oder vertrieben worden, die Überlebenden wurden auf Lastwagen verladen und nach Gaza gefahren. Die leeren Häuser wurden geplündert. “Wir waren sehr glücklich”, sagte einer der Teilnehmer hinterher. “Wenn du es nicht nimmst, wird es jemand anderes tun. Man hat nicht das Gefühl, dass man es zurückgeben muss. Sie würden nicht zurückkommen.”
Es klingt wie eine Geschichte, die von den Titelseiten der heutigen Zeitungen stammt, eine von vielen Geschichten dieser Art – zu viele, um sie zu zählen –, die die Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in den israelischen Städten und Kibbuzes beschreiben, die an den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen angrenzen. Yaakov Sharett erzählte von der Eroberung der arabischen Stadt Bersheeba durch israelische Soldaten im Jahr 1948 während des israelischen Unabhängigkeitskrieges.

Als junger Soldat, der 1946 in der Negev-Wüste diente, wurde Sharett zum Mukhtar – dem Chef eines von elf Soldatenteams – ernannt. Er war Teil des geheimen “11-Punkte-Plans”, mit dem jüdische Außenposten in der Negev-Wüste errichtet werden sollten, die als strategischer Stützpunkt in der Region dienen sollten, wenn der erwartete Krieg zwischen israelischen Zionisten und Arabern ausbrechen würde. (Erinnerungen von Yaakov Sharett, Sohn von Moshe Sharett, einem der Väter Israels, einem Unterzeichner der israelischen Unabhängigkeitserklärung und Israels erstem Außenminister und zweitem Premierminister)
Quelle: Scott Ritter in Seniora.org

Die Palästinenser werden vertrieben, verhaftet, getötet. Im Oktober 2023 haben hochrangige israelische Politiker und Persönlichkeiten die Palästinenser als „Tiermenschen“ bezeichnet.

Der Westen, verstanden als die Gemeinschaft der Länder, die die US-geführte Hegemonie unterstützen, hat inzwischen jede moralische Glaubwürdigkeit verspielt. Das trifft in ganz besonderem Maße auch für Deutschland (und Österreich) zu.

Die unterschiedlichen Haltungen zum Nahost- und Ukraine-Konflikt machen deutlich, dass die vom Westen ausgerufene “regelbasierte Ordnung” völlig frei ist von jeder verbindlichen Regel. Sie ist reine Willkür, basierend auf dem Recht des (derzeit noch) Stärkeren. Sie ist nicht nur nicht schriftlich fixiert, es fehlt ihr auch jede ethische Richtschnur. (Quelle: Gert Ewen Ungar in RT DE)

Zitat aus meiner Dissertation (1976): „Israel und die Palästinenser können nur dann eine friedliche Lösung erreichen, wenn beide Seiten zu der Einsicht gelangen, dass Kooperation und nicht Negation zum Ziel führen. .. Es badarf der Erkenntnis der Existenz des Anderen und der Aufgabe von Privilegien.“

Der Frieden ist heute weiter entfernt als jemals zuvor!