Ein erster Test des neuen Ioniq 5 – mit erstaunlichen Ergebnissen

Zuerst einmal überrascht der Ioniq 5 von Hyundai mit seiner auf Photos kaum erkennbaren  schieren Größe: Der erste Blick auf ein Bild  legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein sehr modern designtes Kompaktauto handle, wenn man es aber in natura sieht, dann ist es ein Cross-Over-Modell, das zwischen SUV mit kompakter Formgebung und modischer Gestaltung eines SUV-Coupés balanciert. Die Statur ist wuchtig aber so futuristisch, dass man dessen Abmessungen erst realisiert, wenn man das üppige Raumangebot im Innenraum und die Breite des Wagens feststellt. Freilich ist die Gestalt optisch eine nahezu logische Fortsetzung einer Kompaktform-Philosopie und dabei so konsequent durchdacht, dass man sich schon nach kurzer Eingewöhnung ausgesprochen entspannt fühlt – wie auch Frau Testerin trotz großer Skepsis konstatierte. Also: Äußerlich und formal sehr gelungen, geradezu ein Musterbeispiel modernen Autobaus – fast kompromisslos.

Pfiffige Details und praktische Nutzanwendung

Bei der Inneneinrichtung geht es in ähnlicher Art weiter: Hier stört kein Firlefanz, alles ist ganz klar und aufgeräumt, die wesentlichen Funktionen sind leicht und intuitiv zu nutzen, wobei anfangs einzig die Suche nach dem gewünschten Sender im Radio nicht gleich gelang. Alles andere „einfach Spitze“, wie Hans Rosenthal bei Dalli-Dalli gesagt hätte, wenn man sich quasi „eingewohnt“ hat. Statt eines Mitteltunnels gibt es zwischen den bequemen, an den Lehnen mit kräftig ausgeformten Wangen versehenen Vordersitzen große Ablagen und auch auf der Fondsitzbank mit ausklappbarer Mittelarmlehne herrscht keine Raumnot.

Und das Fahren an sich ist ebenso entspannt, wie man drinnen sitzt, auch trotz der vielen Informationen, die dem Fahrer auf dem Display gezeigt werden. Und was der Ioniq 5 alles kann – von der elektrisch verschiebbaren Rückbank bis zur möglichen Liegeposition der Vordersitze, oder dem Kamerabild vom rückwärtigen Verkehr, sobald man den Blinker betätigt – ein echter Sicherheitsgewinn (wie auch schon im Tucson). Ein optionales Solardach liefert Strom für die Klimatisierung oder wird in die Batterie im Unterboden gespeichert. Und neben den Ladekabeln gibt es auch ein Steckeradapter, der es ermöglicht, externe 230-Volt-Geräte anzuschließen und mit Strom aus dem großen Akku zu versorgen. Zutaten, die in dieser Form bislang in keinem anderen Elektroauto zu haben sind – auch nicht bei deutlich teureren Modellen.

Neue Elektroarchitektur und schnelles Laden

Womit wir beim Wesentlichen sind, nämlich der Energiequelle und der Fahrpraxis: Die vollkommen neue Elektroarchitektur soll hinsichtlich Energieeffizienz und Ladegeschwindigkeit neue Maßstäbe setzen, auch dank der Ladeleistung, die auf einer 800-Volt-Plattform basiert, zurzeit das Non-Plus-Ultra der Batterietechnik, die Ladezeiten deutlich verkürzt – wenn man die geeignete Station dafür hat. An einer 350-kW-Schnellladesäule kann man den Akkustand unter Idealbedingungen in 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent heben.  Auch die Rekuperation lässt sich je nach Gusto und Fahrsituation über die Wippen hinter dem Lenkrad in drei unterschiedlich starke Stufen einstellen. Im Auto-Modus kann man die Wahl der passenden elektrischen Verzögerung auch dem Ioniq 5 selbst überlassen, wodurch er, wenn man auf ein langsames Auto aufläuft, vorausschauend abbremst und damit zum sparsamen Einsatz der Energie beiträgt. Verschiedene Fahrmodi sind über eine separate runde Taste unter der linken Lenkradspeiche einzustellen, wobei die Wahl zwischen Eco, Normal und Sport in erster Linie das Ansprechverhalten der E-Motoren verändert. Das Fahrwerk ist eher konventionell straff ausgelegt, die 20-Zöller laufen eher hart ab, was den Eindruck guten Fahrbahnkontakts vermittelt und den Komfort nur unwesentlich beeinflusst.

Reichweite bis 480 Kilometer

Den Ioniq 5 gibt es in 4 verschiedenen Versionen – von 170 über 218 und 235 bis zu 305 PS – und in drei Ausstattungsvarianten, wobei das Testfahrzeug jenes mit 218 PS nur über zwei Räder angetrieben wurde. Allrad ist den beiden stärkeren Versionen vorbehalten. Was auch unterschiedliche Reichweiten bewirkt. Im Testauto waren 425 Kilometer Reichweite angeschrieben, die wir bei einer Fahrt durch alle erdenklichen Verhältnisse – von der Autobahn über eine Berg- bis zur Landstraße und durch den Stadtverkehr – auszureizen versuchten. Und welch ein Wunder, das wir bei einem Elektroauto erstmals erlebten, die Strecke der gefahrenen Kilometer war höher als der Verbrauch der angegebenen Reichweite, trotzdem auch vehementes Beschleunigen und keinesfalls gemütliche Autobahnabschnitte inkludiert waren.

Fazit: Der Ioniq 5 ist wahrscheinlich das durchdachteste Konzept, das für E-Mobilität angeboten wird, bestechend eigenwillig in seiner Optik und seinen Eigenschaften, was sogar das elektronische Spurhaltesystem einschließt, weil es den Fahrer nicht wirklich bevormundet. Da könnte man fast schwach werden …

Hyundai Ioniq 5

Batteriekapazität / Long Range 72,6 kWh
Leistung: 160 kW / 218 PS
Reichweite (Test): realistische 425 km
Preis (ohne Förderungsabzüge) € 51990,-